Montag, 9. April 2012

Arbeit in Manjimup I

Unsere Zeit bei Jason. Achtung. Langer Fließtext. Muahaha.
Ein Hoch auf die automatische Speicherung von Word!! :)
Arbeit: Wir kamen hier an einem Sonntag an, am Montag ging es dann auch gleich ans Werk. Was genau unsere Arbeit werden würde konnte uns niemand so richtig sagen, nur, dass es auf jeden Fall stündlich bezahlt wird, das war klar. So machten wir uns also am Montagmorgen um zehn nach sechs aus dem Haus, mit Hut, Sonnencreme, Wasser und Lunch im Gepäck. Wir trugen beide unser gelbes Langarmshirt (zwei für $5), ich trug dazu meine Arbeitshose und meine fetten Arbeitsschuhe, Charly griff zu langem Top unter dem Shirt, Leggins und ihren Pferdeschuhen, unser gewohntes Arbeitsoutfit also. Als wir jedoch zum Bus kamen starrte Naomi Charly doch etwas irritiert an, woraufhin Charly natürlich fragte, was denn los sei. „Nichts, ich habe nur noch nie jemanden SO zur Arbeit gehen sehen. Sag mal, ist das da ein Rock? Und hast du keine anderen Schuhe?“ Während ich mir ins Fäustchen grinste (ich sag euch, die Sonnenbrille auf dem K¬opf hat sie aufgetakelt aussehen lassen, daran lags!) verlor Charly sichtlich die Fassung. „Ähm, das ist ein Top, das ich unter meinem Shirt trage, für den Fall dass es heiß wird. Und meine Schuhe sind verdammt noch mal wasserfest!“ Naomi entschuldigte sich dann auch gleich, Charly war jedoch noch für den Rest der Fahrt sichtlich aufgebracht.
Dann kamen wir also auf dieser Farm an. Dort waren dann ein älterer Mann um die 60 und ein jüngerer, der 38 ist. Sie stellten sich als Steven und Jason (Deruuloooo) vor, drückten uns jeweils einen Tragegurt und einen Eimer in die Hand und zeigten uns wie man Kirschen pflückt. (Musste den Satz gerade komplett überarbeiten, zuerst stand da "jeweils einen Harnish und einen Bucket in die Hand und zeigten uns wie man Cherries pickt."
Wenn man immer auf englisch über seine Arbeit redet werden das irgendwie standartisierte Begriffe.) Nach gut zwei Minuten meinte der ältere, der sich später noch als das größte Arschloch der Welt rausstelle: "Beeilt euch besser, sonst verdient ihr nichts." Charly und ich guckten uns mit einem Blick an der soviel wie "Wie bitte? Wir werden nach Bucket bezahlt? Klasse!" ausdrückte. Nachdem uns versichert wurde stündliche Arbeit zu verrichten auf einmal sowas? Genial. Die Laune sank. (Haha, jetzt musste ich an Gesa denken. Sie sank in der Badewanne... :)) Allerdings stieg sie auch wieder, als uns nach einer halben Stunde gesagt wurde, dass wir bereits so viel Geld hatten wie stündlich nach 45 Minuten. Wir arbeiteten schnell und waren "over wages!" Wir pickten unsere Kirschen in unseren Bucket, welche dann in einen Tub gefüllt werden müssen. Drei Buckets füllen einen Tub, da wir gemeinsam picken (haben ja eh ein gemeinsames Konto) brauchen wir zwei Tubs pro Stunde um auf $18.30 die Stunde zu kommen. Ein Tub sind 10 Kilo, pro Kilo bekommen wir $1.83. Klingt logisch und leicht zu machen. Ich sage euch, alles steht und fällt mit den Bäumen. Während es am Anfang echt gut ging und wir zwischenzeitig bei einem Stundenlohn von $27 waren, kamen bald höhere Bäume mit weniger Früchten, in die wir mühsam hineinklettern mussten (ja, mit Leitern. Damals noch die kleinen Trittleitern, und die haben wir schon gehasst!), teilweise nur um 1-3 Kirschen noch zu holen. Zu viel Arbeit für zu wenig Gewinn, sage ich euch.
Dann sind da noch die Bäume, an denen kaum gute Früchte sind, sondern nur verrottete oder welche mit Löchern. Auch etwas was vom Baum muss, du aber kein Geld für bekommst. Ende vom Lied? An dem Tag fielen wir sogar noch unter den regulären Stundenlohn, bekamen ihn aber trotzdem, da die Farmer recht kulant sind und nicht unter dem regulären Lohn zahlen wollen. Ein Paar Wochen später pickten wir noch einmal Cherries auf Contract. 8,5 Stunden lang. $250. Für jeden. Alles steht und fällt mit den Bäumen!! ;)
So. Ich habe ja schon erwähnt, dass Steven ein Arsch ist. Warum? Weil er ein rassistischer, niveauloser alter Ozzie ist. Er reißt die ganze Zeit dämliche Sprüche à la "Deutsche haben keinen Humor" (hallo, deine Witze sind nicht lustig!) "Willst du dich auf meinen Schoß setzen?" und schlimmeres. Seine Frau ist in den Frühstückspausen auch immer da und die findet ihn anscheinend super lustig. Wenn mein Mann so reden würde, würde ich mich in Grund und Boden schämen... Idiot. Ich mag ihn nicht. Weiß er auch. Er geht mir aus dem Weg. Hoffentlich werde ich nicht eines Tages deshalb gefeuert.
Sein Sohn reißt auch Sprüche, auch recht niveaulos und unter der Gürtellinie, aber irgendwie doch noch anders. Mit Jason kann man rumblödeln, ohne sich am Ende verletzt oder persönlich angegriffen zu fühlen. Er und die Tatsache, dass der alte im Schuppen arbeitet und wir da nie sind machen die Arbeit eigentlich zu einer recht angenehmen Sache. Nach zwei Tagen kamen dann noch Joan, die Irin und May, eine Taiwanesin zu uns, eine Woche darauf waren wir dann zu sechst, unser Team vervollständigte sich mit Greta (Schwedin) und Emily (Taiwanesin). Zwischendurch hatten wir noch eine andere Irin da, die wurde aber nach zwei oder drei Tagen wieder rausgeschmissen, da sie andauernd mit dem Hund spielte (ganz große Todsünde! Spiele niemals mit dem Hund bei der Arbeit. Aber versteht sich doch irgendwie auch von selbst, oder?) und die Bäume mehr betrachtete als zu arbeiten. Zurecht rausgeschmissen, wie wir alle sagten. Allerdings auch ein kleiner Verlust, da sie dem Idioten in der Pause ganz gut Paroli bieten konnte. Schön wars... Nunja. Im Laufe der Wochen entwickelten wir uns zu einem echt starken Team. Wir pflückten Nektarinen, Aprikosen, Kirschen und wurden in die


hohe Kunst des Applethinnings eingeweiht. Dabei muss man Äpfel vom Baum nehmen, damit die anderen Platz haben zu Wachsen. Gut 90% der Ernte wird dabei auf den Boden geschmissen. Unglaublich. Der Boden ist am Ende immer komplett mit Äpfeln bedeckt, darauf zu laufen ist in ungefähr so einfach wie auf einer Eisschicht. Aber lustig sieht‘s aus! Das Problem beim Thinnen ist allerdings, dass man aufpassen muss, den Stiel nicht mit abzureißen. Wenn das passiert, fallen die vier anderen Äpfel, die da noch mit dranhingen, nämlich auch mit ab. An unserem ersten Tag waren wir Sechs kurz vorm Heulen zumute, was sich dann schnell in hysterisches Lachen veränderte. Wir rissen einen Apfel nach dem anderen vom Baum, sodass er am Ende nahezu kahl war. "Da hättet ihr aber mehr dran
lassen können, da ist genug Platz!" Ach ne! Wissen wir ja nicht selber. Selbst jetzt, nach gut sieben Wochen auf der Farm (ja, wir sind da immernoch, er scheint mit uns zufrieden zu sein...) sagt er noch öfters: "Leute, zu viele Stiele am Boden!" Junge, das machen wir nicht mit Absicht!
Wie sieht also so ein typischer Arbeitstag für uns aus? Mein Wecker klingelt das erste Mal um viertel nach fünf, zwischen viertel vor und voll fünf quäle ich mich dann aus dem Bettchen, wecke Charly (ihr Handy mag nicht mehr), ziehe mich an und putze mir irgendwo wo gerade was frei ist die Zähne. Das kann sich aber auch auf später verschieben. Wenn nämlich gar nichts frei ist. Dann wird etwas Toast in den Toaster gehauen (neuerdings gönnen wir uns auch ab und zu Pumpernickel, oh mein Gott ist das toll! $2,50 für acht winzige Scheiben ist sogar voll gut.) und teilweise gefrühstückt, teilweise geschmiert und in die Lunchbox getan. Nun gibt es wieder zwei Möglichkeiten. Habe ich am Vortag gekocht und es ist noch etwas da, dann kommt das in die Lunchbox und kein Toast. Wenn es keine Leftovers gibt wird noch ein Paket 2-Minuten-Nudeln in die Tasche geschmissen. Kurzer Check: Mütze da? Essen da? Handschuhe da? (Ich hatte mal zwei komische Wochen, da habe ich ständig meine Handschuhe vergessen. Fand Jason nach dem fünften Mal auch echt nicht mehr witzig.) Schuhe an, Wasserflasche noch schnell am Regenwassertank aufgefüllt , ab zum Bus und hoffen dass ich nicht wieder die letzte bin. War ich sogar schon seit zwei Wochen nicht mehr. Davor aber umso öfter. Ab geht die zehn Minuten Fahrt, die mal mit Schlafen, mal mit Lesen, mal mit Aufwachen, mal mit Eincremen genutzt wird. Man, unsere Tage laufen immer anders ab. Ich schreibe jetzt einfach Alternativversionen in Klammern. (So nämlich. Man, bin ich cool. In den Bus passen nämlich 13 Leute, exklusive Fahrer. Im Regelfall sitzen um die acht Leute morgens mit mir im Bus. An einem Morgen (Achtung, ab hier wird es illegal) waren wir 21 Menschen in
diesem Bus. Inklusive Fahrer. Charly hatte gute Laune, das kann ich euch sagen. Da waren wir dann auch nicht die Ersten, die rausgelassen wurden, NEIN, da fährt man natürlich erst mal andersrum (irgendwie führen hier eh alle Wege nach Rom, hab ich das Gefühl. Naomi fährt nie den Weg, den Ella fährt. Warum auch immer.) und setzt alle anderen ab, wodurch wir im Endeffekt gut 35 Minuten in diesem Bus saßen. War klasse, sag ich euch. Je nachdem wie viele andere Farmen noch mit im Bus sitzen, fahren wir auch ab. Am Anfang fuhren wir immer um 10 nach los, was klasse ist, wenn man um 20 nach an der Farm ist, um 45 anfängt zu arbeiten und ab voll bezahlt wird. Im Moment schwankt es zwischen 20 und 35 nach. Da sie aber auch mal gerne zu spät kommt sind wir dann aber auch ab und zu recht spät. Da wir aber eh erst ab voll bezahlt werden ist uns das immer herzlich schnuppe.) So. Das war so eine lange Klammer, dass ich selbst den Faden verloren habe. Ich glaube, ich saß gerade im Bus. Wir kommen also da an. Es gibt drei Tore, allerdings hat Naomi noch nicht gerallt, dass wir immer zu dem müssen, das offen ist. Darum fragt sie lieber uns oder setzt uns ab wo es ihr passt. Nach einem kurzen Powernickerchen meinerseits taucht dann auch Jason mit seinem Jute auf, mit Major dem Hund auf der Ladefläche, dem wir dann rasch Gesellschaft leisten und zu unserer Arbeitsstätte für den Tag gefahren werden. Sind Buckets mit auf dem Auto? Dann wird gepickt. Und sich auf der Ladefläche gedrängt. Und bitte nicht runterfallen. Keine? Ab zum Applethinning! Um 9.30 ist dann Smoko, mal mit den Farmerseltern, mal ohne. Ich präferiere letzteres. Denn wenn die Beiden da sind, dann ist auch ihr dämlicher weißer Köter da, Skruffi. Oder so. So wird es zumindest ausgesprochen. In der Smoko, in der außer Joan niemand raucht, gibt es nämlich Kekse. Ein Paket. Es gab eins, als nur Charly und ich da waren. Eins als wir zu viert waren. Eins seit wir zu sechst sind. (Jetzt wird es echt kompliziert mit den Zeiten, ich habe mit dem schreiben vor zwei Monaten gestoppt… Darum kommt jetzt Futur auch mit rein. Ihr schafft das schon.) Und stolze anderthalb, als wir dann zu zehnt waren. Blieben aber auch anderthalb, als wir zwei Tage mit 22 Leuten gepickt haben. Damals war alles besser. Egal. Worauf ich hinaus will: Die Kekse sind mega toll. Schmecken so ein bisschen nach Kokos. Geniale Dinger. Und Steven verfüttert die immer an Skruffi, die Dreckstöle. Was bei einer Packung für vier Leute noch ok ist. Aber der bekam immer die letzten Kekse. Und die ersten. Und überhaupt ist der kleine Kläffer mehr rund als Hund. Tze. In den letzten zwei Wochen (was wir natürlich noch nicht wussten) bekamen wir noch Verstärkung, sowohl aus unserem Hostel, drei Franzosen, sowie aus dem anderen in der Stadt ein Ire und vier Deutsche. Und ein 17jähriger Australier, der sich ganz toll fand. Bei den Deutschen war sogar ein Kerl dabei. Man war das ungewohnt, jemand männliches deutsch sprechen zu hören! Hannah hatte es uns auch sehr angetan. Eine quirlige Deutsche, noch jünger als wir beiden, die die ganze Zeit am plappern war und am Anfang auch noch den Hund gestreichelt hat. Was meine Theorie, dass Deutsche wissen, dass man das beim Arbeiten nicht macht, widerlegt hat. Hannah wohnt in Hamburg und wir wissen so ziemlich alles über ihre Beziehung mit ihrem Freund. Umso komischer als ich ihn eines Tages mal in Natura sah, da ich mir nach all den Geschichten ein Bild von ihm gemacht hatte, das irgendwie deutlich nicht der Wahrheit entsprach. Was noch kuhl an ihr ist: Sie vermieten ihr Haus für Filmarbeiten, eine von den Pfefferkörnern hat also bei ihr zu Hause „gewohnt“. Also in der Serie wohnt die in einem Haus. Das ist aber in Wirklichkeit Hannah’s. Kapiert? Ich schon. Das reicht. Gut. Nach anderthalb Monaten und tausendmilliardenfünfundsechzigtrilliarden (Pez) Äpfeln war dann aber erstmal nichts mehr zu tun auf Jasons Farm. Und so wurden wir arbeitslos. Zum ersten Mal.
Ende von Kapitel „Jason.“

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